Porträt

(Autor: Lucas Cejpek)

Thomas Kosma. Bildhauer

Die Wahl des Materials hat mit der Form zu tun. Nur mit der Form. Material und Form bedingen einander.

Bacon and Ribs war meine Diplomarbeit. Zuerst habe ich mich zeichnerisch Francis Bacon genähert. Ich habe die Zeichnung immer weiter reduziert, um in den Raum gehen zu können.

Bacon and Ribs 1996
Betonguss
L 300cm

Spareribs. Rippenstücke, variabel: auf dem Boden liegend, gegen die Wand gelehnt. Schwarz: dunkler Zement. Rost­rot: mit Gußeisen vermischt. Das Ganze rostet in sich.

Spareribs 1998
Beton
H 280cm

Flat Ribs. Überall Rippenstücke, auf Sockeln und am Boden.
Ein Stück Fleisch mit Knochen. Das war die Vorlage. Zitate der Anatomie. Weil man der Materie näherkommt, wenn man von ihr abstrahiert.

Knochen formen die menschliche Figur. Knochen tragen die menschliche Figur. Knochen sind zerbrechlich. Knochen sind ein Symbol des Todes. Knochen sind oft das einzige, was übrigbleibt. Knochen und künstlerische Artefakte.

Flat Ribs 2007
Beton
70x110cm

In situ ist die Rekonstruktion einer Hockerbestattung, früh­bronzezeitlich. Was Knochen war, ist Metall.

Das ist das Archäologische: das Kulturelle und das Natürliche. Eine Urform gibt es nicht, nur das Artefaktische.

Das sind alles Erinnerungsstücke. Nicht Natur, sondern kulturelle Zeichen. Das ist immer interpretierte Natur.

Durch die Verfremdung ist der naturalistische Eindruck stärker als durch die Nachbildung.

In Situ 2007
Bronze
38x40cm

Das Mammut war eine Auftragsarbeit. Das steht in Nußdorf ob der Traisen, vor dem Urzeitmuseum. In Originalgröße. Aus Beton, mit Stoßzähnen aus Kunststoff.

Ich bin mit Archäologie aufgewachsen. Meine Mutter restauriert historische und vorgeschichtliche Keramik.

Mammut 2003
Beton massiv

Kontrapost. Standbein und Spielbein. Das Standbein ist aus Stahl und das Spielbein ein Betonguss. Ausgangspunkt war ein Hüftknochen und eine Gelenkschale. Ein Hüftknochen, kombiniert mit einer Wade. Innere Struktur und äußere Erscheinung.

Standbein und Spielbein 1992
Stahl massiv
H 180cm

Pas de deux ist ein Tanz: Berührung, Verschmelzung, Teilung. Eine Figur geht aus der andern hervor und wieder in die andere über. Der männliche und der weibliche Teil. Und der Raum zwischen den Teilen. Weil Formen auch den Raum dazwischen definieren.

Pas de Deux 1989
Gips für Bronze
H 110cm

Männliche Figur. Pfahl. Das ist eine Schiene, zerschnitten und gegengleich montiert. Den Spitz hab ich hinzugefügt. Das Stück stammt von der Nußdorfer Zahnradbahn.

Pfahl 1982
Stahl massiv
H 335cm

Doppelmond im Stier. Picasso zugeeignet, seinem Stierkopf aus Fahrradsattel und –lenkstange. Auch meine Skulptur ist ein objet trouvé. Die Mondhälften habe ich gefunden, und den Eisenblock auch.

Doppelmond im Stier 2007
Stahl massiv
H 335cm

Januskopf. Die oberen Teile, die Kopfformen sind Fund­stücke. Der Hals ist gemacht, der Sockel.
Der Sockel ist Teil der Skulptur.

Januskopf 2007
Stahl massiv
H 90cm

Auseinander. Der Titel ist Teil der Skulptur, in Metallbuch­staben auf den quadratischen Sockel geschrieben, die einzelnen Silben, eine auf jeweils eine Seite des Sockels: AUS EIN AN DER.
Die vier Stelen sind auch aus einem Block geschnitten. Ein 500 Kilogramm schweres Stück Metall. Das Metallstück war ein Fundstück.

Ich sammle Material auf Vorrat. Bis es soweit ist.

Die vier Stelen waren ursprünglich ein Block. Der wurde zerschnitten, und die Teile habe ich wieder zueinander in Beziehung gesetzt. Die unterschiedliche Biegung der Stelen ist eine Folge der
Schneidhitze. Das ist Zufall. Kalkulierter Zufall. Die Metallarbeit wird im Schnitt wieder organisch.

Um die Schwingung aufzufangen, wenn man gegen eine der Stelen schlägt – um die Skulptur zum Klingen zu bringen, genügt ein Schlag mit der flachen Hand – der Klang hat die Intensität einer Kirchenglocke – um die Schwingung auf­zufangen, sind die Stelen miteinander verbunden, mit einer
Distanz.

Aus Ein An Der 2008
Stahl massiv
H 335cm

Eine intime Dokumentation von Wolfgang Fuchs 2011